Gradisca d’Isonzo – im Osten Italiens

Erst Verteidigungspunkt der Venezianer, dann Salon der Habsburger

Seit einiger Zeit ist Gradisca d’Isonzo ein weiteres Mitglied der Vereinigung „I borghi più belli d’Italia“, in diesem Fall von Friaul-Julisch Venetien. Nicht zu Unrecht, wie man bei einem Spaziergang durch den Ort erkennen kann.

Der hügelige Osten Italiens

Fast an der Grenze zu Slowenien liegt die Ortschaft Gradisca d’Isonzo mit ca. 6.500 Einwohner.

Wie komme ich hierher?

Mit dem Auto über die A34; es gibt eine gleichnamige Ausfahrt; Udine ist ca. 30 km entfernt; Trieste ca. 40 km.
Mit der Bahn: Linie Trieste-Udine, entweder in Sagrado (nur ca. 2,5 km entfernt) oder in Gorizia (ca. 12 km) aussteigen.

Der Ort ist beschaulich und wenn man auf der Hauptstraße Richtung „Parco della Spianata“ und dem „Denkmal für den Löwen von San Marco“ fährt, sieht man: Italien und Österreich geben sich hier die Hand.

Die Bauweise der Häuser: Typisch italienisch. Aber das Teatro Comunale (früher ein Getreidespeicher) und gleich in der Nähe das Caffè Centrale (ein Kaffeehaus, das so auch in Wien oder Prag stehen könnte) lassen keinen Zweifel aufkommen, dass diese Ortschaft nicht immer italienisch war.

Sehen und gesehen werden: Hier flanieren nicht nur die Bewohner dieses netten Städtchens.

Apropos Parco della Spianata: In diesm großen Bereich findet regelmäßig ein riiiiiesiger Flohmarkt statt und wären wir nicht mit einem Auto mit Mini-Kofferraum unterwegs, dann könnte ich hier immer wieder fündig werden. Die Preise erscheinen mir leistbar.

Entlang des Parks, Richtung Teatro, stehen übrigens häufig Lebensmittelstände mit frischem Obst und Gemüse der Saison und anderen Leckereien. Hier habe ich bereits öfter etwas gekauft und bin immer wieder völlig überrascht, von durchaus moderaten Preisen für wirklich sehr schöne Waren.

Das alles hat einmal „uns“ gehört…

Beinahe 4 Jahrhunderte lang gehörte Gradisca d’Isonzo zum Reich der Habsburger – unterbrochen durch ein kurzes Zwischenspiel Napoleons – bevor das Ortsgebiet in den Verträgen bei Beendigung des 1. Weltkriegs Italien zugesprochen wurde.

Ein trauriger Teil der Geschichte, die Isonzo Schlachten, erinnern an diese verlustreiche Zeit.


Im 15. Jahrhundert waren es die Venezianer, die hier, wie so oft im Norden Italiens, Besitzansprüche geltend machten. Aus dieser Zeit stammen auch die Befestigungsanlagen gegen die Türken, die noch sehr dominant ins Stadtbild eingebunden sind. Durch Unterlagen fix belegt ist, dass Leonardo da Vinci beim Entwurf einer Verteidigungsanlage mitgearbeitet hat.


Zur Erinnerung befindet sich am Eingang zur Porta Nuova (auch Porta di Alemagna genannt) eine Büste des Genies. Heute dient das Castello mit seinen sechs Türmen in der Verteidigungsmauer nur mehr als Sehenswürdigkeit; zu Zeiten der Habsburger wurde es allerdings als Gefängnis genutzt.

Sehenswürdigkeiten

Neben dem bereits erwähnten Kastell (um das man herum gehen kann) sind noch Reste der einstigen Stadtmauer zu sehen, die offensichtlich bezeugen, dass es sich hier um einen ehemaligen Grenzort handelt.

Der Ort ist wie bereits angedeutet nicht besonders groß. Trotzdem finden sich im Stadtzentrum mehrere Kirchen und Kapellen. Zu erwähnen ist hier die Chiesa della Beata Vergine Addolorata und natürlich der Duomo di Ss. Pietro e Paolo – die Kirche vom Stadtpatron, dessen Feiertag am 29. Juni gefeiert wird.

Das Grabdenkmal von Nicolò 2. della Torre

Besonders beeindruckt hat mich im Dom das Grabdenkmal von Nicolò II della Torre, der als Gouverneur der Stadt sehr geschätzt wurde.

Er war aber auch ein österreichischer Befehlshaber und starb Mitte des 16. Jahrhunderts. Hier im Dom hat er mit seiner Frau Caterina die letzte Ruhe gefunden.

Die liegende Figur ist unglaublich ausdrucksstark dargestellt, die Natürlichkeit des Gesichtsausdrucks ist absolut real getroffen. Auch wenn ich die Inschrift nicht im Detail lesen konnte, habe ich eine besondere Stimmung gefühlt, als ich davor gestanden bin.

Um zu zeigen, dass ein derzeit sehr negatives Wort auch positiv besetzt werden kann, sei hier die Casa Corona samt der angeschlossenen Kapelle von San Giovanni Battista genannt. Nachdem es von der gleichnamigen Familie nicht mehr als Wohnhaus benötigt wurde, gründeten die Besitzer ein Krankenhaus, das 160 Jahre lang genutzt wurde, bevor es in ein Hospiz umgewandelt wurde.

Es lohnt sich, die 3 wichtigsten Straßen, die das historische Zentrum durchteilen, genauer zu betrachten. Wenn man Glück hat, sind auch Tore offen, um zumindest einen Teil der Gärten oder Innenhöfe bewundern zu können.

Der Palazzo Torriani, mit dem Stadtmuseum „Museo Documentario della Città“ und einer Galerie für Moderne Kunst, lädt nicht nur an regnerischen Tagen zu einem Besuch ein. Ebenfalls in diesem Gebäude zu finden ist das „Ufficio IAT informazioni e Accoglienza Turistica“ – das hiesige Tourismusbüro sowie die Stadtverwaltung (Municipio). Im Innenhof finden manchmal Veranstaltungen statt.

Unbedingt prüfen sollte man vor einer Besichtigung die Öffnungszeiten des Museums, da diese je nach Jahreszeit variieren. Der Eintritt ist frei! Kostenlose Führungen finden jeden ersten Samstag im Monat statt.

Museo documentario della città di Gradisca d’Isonzo

Via della Campagnola, 18
34072 Gradisca d’Isonzo (GO)
cultura [at] comune [dot] gradiscadisonzo [dot] go [dot] it

In der Fußgängerzone befinden sich einige weitere Palazzi wie der Palazzo Casa dei Provveditori, in dem heute die bekannte Enoteca „La Serenissima“ zu finden ist (Via Battisti). Nicht besonders überraschend, liegt Gradisca d’Isonzo doch im Gebiet der Collio-Weine. Daher sollte es nicht verabsäumt werden, einen der bekannten Weißweine (DOC Isonzo) zu verkosten.

Bilder der wichtigsten Palazzi könnt ihr einfach im Internet finden. Herausgreifen möchte ich jedoch zusätzlich den Palazzo de Fin-Patuna, denn meiner Meinung nach ist das einer der schönsten Paläste in Gradisca. Hier nächtigten bereits Napoleon Bonaparte sowie General Bernadotte (der später in Schweden mit Zustimmung Napoleons zum Kronprinzen gewählt wurde).

Schräg gegenüber sind steinerne Zeugen der Vergangenheit übersichtlich aneinander gereiht und sorgfältig beschriftet zu besichtigen: ein kleines Lapidarium mit Fundstücken aus der Römerzeit, aber auch aus dem Mittelalter und der Renaissance.

„Loggia dei Mercanti“

An diesem ehemaligen Treffpunkt schwatzten nicht nur Kaufleute und Reisende, sondern es gab auch eine öffentliche Waage.

Dass zu einem Stadtrundgang neben Café und Vino auch etwas Handfesteres gehört, ist in Italien selbstredend! Auch bei den typischen Speisen mischt sich die Tradition von Österreich, Italien und Slowenien. Schweinefleisch oder Wildbret, aber auch Fisch mit Polenta und süße Apfelkuchen sind sehr zu empfehlen.

Mein kulinarischer Insider Tipp:

In Gradisca d’Isonzo ein MUSS ist der Besuch in der „Osteria Mulin Vecio“. Das originelle Lokal, das fußläufig vorbei am „Parco della Ronda“ durch die Porta Nuova schnell erreicht werden kann, bietet kalte Platten (Schinken, Salami und Käse) auf Papier (!) serviert und ist sowohl bei Einheimischen, als auch bei Urlaubern gleichermaßen beliebt.

2 Veranstaltungstipps

• Am letzten Wochenende im September findet „Gusti di Frontiera“ statt. Über 300 Stände aus verschiedensten Ländern Europas laden zum Verkosten und einer kulinarischen Erkundungstour ein.
• Am letzten Wochenende im November kann man sich beim „Chocofest“ die süßesten Leckereien schmecken lassen. Nicht nur Gutes, sondern auch Schönes wird gezeigt.

Wer für einen Verdauungsspaziergang noch ein wenig ins Grüne möchte, für den bieten sich die nahegelegenen Monte Quarin im Norden oder Monte San Michele in Süd-Osten an. Beide „Berge“ sind nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, jedoch bei gutem Wetter wird man mit einer sensationellen Aussicht belohnt.

Wem spazieren nicht genügt, für den ist vielleicht der Alpe-Adria-Trail die richtige Wahl. Vom Großglockner über Kärnten und Slowenien bis nach Gradisca d’Isonzo und weiter nach Muggia bei Trieste.

Ihr seht also: Es ist in dieser schönen kleinen Stadt für jeden etwas dabei!

Tanti Saluti

Elena


Offenlegung:

Dieser Artikel entstand nach mehreren selbst bezahlten Besuchen in Gradisca d’Isonzo.


 

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2 Comments

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    1. says: Elena

      Lieber Thomas,
      danke für die motivierenden Worte. Ich versuche immer, mein Bestes zu geben.
      Liebe Grüße
      Elena