Eine Bühne wie aus einem Traum
Vom Teatro Olimpico habe zuerst in einer Fernsehdoku gehört und gesehen. Ich war von Anfang an begeistert und hoffte, dass ich es ehest einrichten kann, dieses Gesamtkunstwerk direkt in Vicenza zu sehen. Doch es sollte Jahre dauern, bis ich wirklich drinnen war.
Vicenza selbst habe ich bereits mehrfach zu verschiedenen Jahreszeiten besucht. Eine tolle Stadt, die ihr unbedingt auch auf eure Reiseliste aufnehmen solltet. Wenn man durch die Straßen spaziert, vorbei an Palazzi mit Malereien, feinem Stuck und Arkaden voller Licht und Schatten, ahnt man noch nicht, dass sich hier ein Theater verbirgt, das ganz anders ist als alle, die man sonst kennt.
Mein Glück war, dass mich der Zufall mit Stefania – einer perfekt DEUTSCH sprechenden Stadtführerin – zusammengebracht hat. Sie hat mich ins Theater begleitet und mir allerlei Wissenswertes erzählt und gezeigt. Manches davon hätte ich möglicherweise übersehen, wenn ich die Besichtigung alleine gemacht hätte.
Eine Bühne für die Ewigkeit – Andrea Palladios letztes Meisterwerk
Das Teatro Olimpico nicht nur ein Ort für glanzvolle Opernabende oder moderne Inszenierungen mit roten Samtsesseln. Es ist vielmehr ein faszinierendes Zeitfenster in die Renaissance.
Und ich kann euch fix sagen: Dieser Ort hat mich völlig verzaubert.
Es war das letzte Werk des berühmten Architekten Andrea di Pietro della Gondola, genannt Palladio. Er hat es nicht mehr vollenden können, da er im August 1580 überraschend verstorben ist. ABER seine ersten Entwürfe und Pläne waren so detailliert, dass sie später originalgetreu umgesetzt wurden.
Bei meinem Besuch waren Renovierungsarbeiten im Gange, daher mussten wir den unscheinbaren Künstlereingang wählen.


Als ich in die Vorhalle ging, hätte ich nie erwartet, was ich wenige Schritte später sah.
Von außen nüchtern – von innen überwältigend
Das Spannende ist: Das Gebäude wirkt fast unscheinbar. Keine große Opernfassade, wie ich es aus anderen Städten kenne, kein Prunk. Aber sobald man den ersten Raum betritt, kommt ein Gefühl von Staunen auf und der Kopf dreht sich in alle möglichen Richtungen. Bei mir zumindest war das so!
Warum das Teatro Olimpico mehr ist als ein Denkmal
Das Teatro Olimpico ist nicht nur schön anzusehen. Es erzählt in vielen Details Interessantes über das Menschenbild der Renaissance, über die Verbindung von Kunst und Wissenschaft, über den Wunsch, die Antike nicht nur zu studieren, sondern sie wieder aufleben zu lassen.
Die Accademia Olimpica, ein Gelehrtenzirkel, ließ dieses Theater bauen, um ursprünglich Versammlungen hier abzuhalten, doch bald auch um klassische Dramen aufzuführen – also Texte, die man damals kaum auf die Bühne brachte.
Ursprünglich waren es 20 Gründungsmitglieder und natürlich Palladio selbst. Die Namen lesen sich wie das „Who’s Who“ der damaligen Zeit. Schaut euch das obere Bild an; vielleicht kennt ihr einige der Namen.
Betrachtet aber auch die Tafeln an den Wänden und die Skulpturen genau. Ihr könnt Herkules entdecken und sogar eine Erinnerung an Goethe. Die Bemalung unter der Decke ist wie ein Bilderrahmen für das „Große Ganze“ und erfolgte nicht gleich bei der Errichtung, sondern erst Ende 1700.
Es ging für uns durch Gänge weiter zum Hauptgrund meines Besuches.
Wie eine Freilichtbühne im geschlossenen Raum
Die 25 Meter breite Bühne ist eine einzige Augenweide. Sie zeigt die Straßen der antiken Stadt Theben, aber nicht als gemalte Kulisse, sondern als raffinierte Illusion mit echtem Tiefeneffekt.


Die perspektivischen Tricks sind so geschickt gebaut, dass die Gassen im Hintergrund ewig weiterzugehen scheinen. Tatsächlich ist die Bühne nur wenige Meter tief.
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Ihr werdet euch erwischen, wie ihr zweimal hinschaut. Oder dreimal. Ich entdeckte jedenfalls quasi ständig etwas Neues.
Die Zuschauertribüne ist wie ein antikes Amphitheater geformt, komplett aus Holz, wunderbar gearbeitet, mit Statuen und Säulen, die Geschichten erzählen.
Die 95 Statuen bei der Bühne sind wider Erwarten nicht aus Stein; jene bei den Zusehern hingegen schon. Letztere wurden aber erst später hinzugefügt.
Noch heute werden in dem Theater klassische Aufführungen und Konzerte gespielt, die bis zu 400 Besucher genießen können.
Dabei bleibt die Beleuchtung diskret, um die Wirkung der Architektur nicht zu stören. Alles spielt sich im Spannungsfeld von Licht, Schatten und Illusion ab. Zur Eröffnung wurde übrigens König Ödipus gespielt – wie gerne würde ich das hier einmal erleben!
Wenn es sich ergibt, hier eine Vorstellung zu erleben zu dürfen – nehmt die Gelegenheit wahr.
Wieder am Rückweg nach dieser wirklich besonderen Besichtigung, noch ein Tipp von mir: Passt auch in den Gängen genau auf, dass ihr kein Detail (wie diese Zeichnung) überseht.


Mir haben auch die Beispiele der Beleuchtung von damals sehr gefallen und natürlich die Vitrinen mit den historischen Kostümen.


Praktische Tipps für deinen Besuch
Adresse: Piazza Matteotti 11, direkt am Rande der Altstadt von Vicenza
Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag geöffnet, jedoch unterschiedliche Sommer- & Winter-Öffnungszeiten. Montags sowie am 25. Dezember und 1. Januar bleibt geschlossen.
Eintritt: Es gibt Kombitickets mit anderen Sehenswürdigkeiten in Vicenza, die ich euch absolut empfehle, denn der Preisvorteil lohnt sich, wenn man etwas mehr besichtigen möchte.
Fototipp: Der beste Blick auf die Bühne ist aus den oberen Reihen. Und nimm dir Zeit – es lohnt sich, die Details mit der Kamera festzuhalten.
Lasst mich zum Abschluss noch auf ein sehr herziges Detail hinweisen: Es wurde aus Lego-Steinen das komplette Theater nachgebaut. Was für eine Idee! Das noch zu bemerken, hat mir am Ende der Besichtigung noch ein Extra-Lächeln ins Gesicht gezaubert 🙂


Ich liebe die Arbeit von Palladio!
Für mich war der Besuch im Teatro Olimpico kein klassischer Sightseeing-Moment, sondern eher wie eine Begegnung mit der Vergangenheit, die in dieser Stadt noch sehr präsent ist.
Hier ist einer dieser Orte, an dem man spürt, wie klug, wie mutig, wie visionär Menschen vor Jahrhunderten dachten. Und das ganz ohne moderne Technik, ohne große Effekte. Nur mit Holz, Gips, Licht und einer Idee.
Falls ihr jetzt denkt: und was ist mit der restlichen Stadt? Was gibt’s in Vicenza zu sehen? Keine Angst – auch diesen Rundgang teile ich noch mit euch!
Tanti Saluti
Elena
Offenlegung:
Für diesen Beitrag habe ich kein Honorar bekommen. Der Eintritt wurde voll bezahlt. Aber: Dieses wunderbare Theater wurde mir von Stefania Mauro Guida Turistica (Stadtführungen mit Herz) gezeigt. Ihr findet sie auf Facebook und meine Empfehlung kommt von ♥