Ein Besuch zwischen mittelalterlicher Geschichte und Dorfleben
Bei meiner letzten Reise entlang der östlichen Adria Richtung Süden habe ich einen kleinen Abstecher ins Landesinnere gemacht – nur wenige Kilometer und etwa eine Viertelstunde Fahrzeit von Cattolica, je nach Verkehr. Gradara heißt das Dorf und die gleichnamige Burg. Kurz nach der Grenze zwischen Emilia-Romagna und den Marken, in der Provinz Pesaro-Urbino.
Wenn ihr Lust auf einen Ort habt, der Geschichte atmet und gleichzeitig das Gefühl vermittelt, in eine andere Zeit zu reisen, dann ist Gradara genau richtig. Lest also weiter, was wir entdeckt haben!
Schon von außen beeindruckt die massive Stadtmauer, die Burg und Dorf in zwei Ringen umschließt. Man ahnt sofort, dass hinter diesen Mauern jede Menge Geschichte wartet. Genau das liebe ich und konnte es kaum erwarten, die kurvige Straße nach oben zu nehmen.
Doch ihr solltet am Weg zum Stadttor deshalb auch die Zeit einplanen, die Aussicht vom Straßenrand aus zu genießen, denn ihr könnt bei guter Wetterlage bis ans Meer sehen!
Dass ihr nicht mitten in den Altstadtkern fahren dürft, ist klar, oder? Beachtet unbedingt die ZTL (Zona Traffico Limitato), denn sonst kann es wirklich teuer werden. Die üblichen Ausnahmen gelten natürlich auch hier.
Parken war kein Problem. Bei unserem Besuch im September waren ausreichen Parkplätze frei und der Preis war absolut moderat. Schwieriger war schon die Entscheidung: Wie lange werden wir brauchen, um alles zu erkunden?
Für die Burg selbst schlage ich eine knappe Stunde vor. Wenn ihr auch noch den oberen Ortsteil rundherum erkunden wollt, dann noch einmal bis zu einer Stunde. Solltet ihr auch noch essen gehen wollen, dann plant eine weitere Stunde ein. Wir haben “nur” Kaffee getrunken und somit waren ca. 2 Stunden gut gewählt.
Ein kleiner Schritt zurück in die Geschichte
Gradara ist vor allem für sein Castello bekannt, das auf einem Hügel über dem Dorf thront. Die Ursprünge des Schlosses gehen bis ins 12. Jahrhundert zurück, als es als Festung errichtet wurde, um die Gegend zu kontrollieren.
Über die Jahrhunderte wechselten die Besitzer, darunter die Familie Malatesta, die dem Schloss seine heutige Gestalt verlieh, und es war Schauplatz zahlreicher Konflikte und Intrigen.
Selbst die bekannte Lucrezia Borgia hat hier in jungen Jahren Zeit verbracht. Auch die Familien Sforza und Della Rovere sowie die katholische Kirche waren im Laufe der Zeit Besitzer dieses Prachtbaus.


⇉ Berühmt wurde das Castello auch durch die tragische Liebesgeschichte von ♥Paolo Malatesta und Francesca da Rimini♥, die Dante in der “Göttlichen Komödie” verewigt hat. Ihr wisst schon: Dante Alighieri, der Schriftsteller, der als Begründer der modernen italienischen Sprache gilt.
Dieses romantische Detail verleiht dem Ort noch mehr Atmosphäre, wenn ihr durch die Gassen des Dorfes oder die Räume des Schlosses schlendert. Jetzt versteht ihr bestimmt, warum dieses Bauwerk nicht bei “Verliebt in Italien” fehlen darf!
Was euch im Dorf erwartet
Das “alte” Gradara selbst ist ein Dorf, das komplett innerhalb seiner mittelalterlichen Mauern liegt. Schon das Betreten der Hauptstraße ist wie ein kleiner Spaziergang durch die Zeit.
Innerhalb des Dorfes (das übersichtlich ist) solltet ihr auf jeden Fall die kleinen Details beachten: die Blumen, die charmanten Cafés und die winzigen Läden mit handgefertigten Souvenirs. Auch ein Blick in die Kirche lohnt sich, denn hier spürt man die Ruhe dieses kleinen Ortes.



Scriptorium Amanuense
Einen der Künstler will ich dabei herausgreifen: Stefano Gelao kann euch mit seiner Schreibkunst in die Vergangenheit einführen und sein Angebot grenzt sich von den üblichen touristischen Produkten ab. Besucht ihn, denn er hat auch spannende Geschichten über Papier und Tinte zu erzählen.


Selbstverständlich gibt es auch ein Museum, doch das haben wir nicht besucht, da das Wetter einfach zu schön war, um noch mehr Zeit drinnen zu verbringen.
Ein Rundgang ist ein Muss
Nehmt euch Zeit, das Dorf entlang der Befestigungsmauern zu umrunden und die Aussicht auf die umliegende Landschaft zu genießen. Ihr könnt auch direkt auf dem Panoramarundgang gehen, aber selbst wenn ihr lieber in den Gassen bleibt, gibt es genug Möglichkeiten, um die Landschaft rundherum zu bewundern.



Aber es lohnt sich, die Türme zu erklimmen, um einen Rundumblick über das Dorf und die Hügel der Marken zu bekommen, wenn ihr mit der Höhe gut klarkommt.
Besonders schön soll die Aussicht bei Sonnenuntergang sein, wenn das Licht die Ziegel des Schlosses zum Leuchten bringt, sein. Wir waren tagsüber da und ich war voll und ganz zufrieden mit dem, was wir bewundern durften.
Highlights, die ihr nicht verpassen solltet
Natürlich ist nach dem Rundgang durch das Dorf das Castello selbst Pflicht (der Eintritt ist moderat)!


Ich war so gespannt, ob die Innenräume halten, was die Außenansicht verspricht.
Die Innenräume sind teilweise original erhalten oder detailgetreu restauriert und geben euch ein Gefühl dafür, wie das Leben hier vor Jahrhunderten ausgesehen hat.
Besonders eindrucksvoll sind die Gemälde und Wandmalereien, die Geschichten erzählen. Aber mir hat auch etwas sehr Alltägliches gut gefallen: die Schlafzimmer!
Ich liebe es, mir Geschichten rund um verschiedene Betten vorzustellen. Nicht, was ihr euch vielleicht jetzt denkt, sondern wirklich die sachliche Unterschiedlichkeit, je nach Rang und Geschlecht.
Achtet unbedingt bei einem Besuch auch auf die vielen Kleinigkeiten, die in den Zimmern zu sehen sind.
Burghof, Galerie und mehr



Was gibt es sonst noch im Castello?
Dass es Toiletten für Besucher:innen gibt, erwarte ich inzwischen. Aber es war in unmittelbarer Nähe auch ein Automat für Getränke aufgestellt, mit sehr moderaten Preisen! Und dazwischen sind absperrbare Kästchen aufgestellt, damit man nicht alles durch die Räume tragen muss.


Zusätzlich gibt es noch einen kleinen Laden für Erinnerungen und Informationen. Das sehe ich inzwischen öfter bei historischen Bauten, doch wenn ihr euch die Zeit nehmt, könnt ihr bestimmt eine Kleinigkeit entdecken, die euch oder einem lieben Menschen in eurem Umfeld Freude bereitet.



Bevor ihr dieses historische Gebäude wieder hinter euch lasst, lohnt es sich, den letzten Raum mit den ausgestellten Gegenständen noch einmal genau anzusehen. Ich finde, das ist sehr gut aufbereitet.
Gradara wurde 2018 als eines der “Borghi più belli d’Italia” anerkannt
Ihr seht also, Gradara ist ein Ort, an dem Geschichte greifbar wird und gleichzeitig die Atmosphäre eines lebendigen, kleinen Dorfes spürbar ist. Es ist perfekt für einen Tagesausflug, bei dem ihr sowohl in die Vergangenheit eintauchen, als auch das italienische Leben genießen könnt.
Plant genug Zeit ein, um Schloss, Mauern und Dorf in Ruhe zu erkunden, und vergesst nicht, zwischendurch in einem der kleinen Cafés zu verweilen.
Ihr könnt den Parkplatz über die “Passeggiata degli Innamorati” erreichen, oder durch das Tor im Uhrturm von der anderen Seite aus. Die beiden Möglichkeiten verbindet eine Gasse, die außer dem üblichen Kopfsteinpflaster auch noch kleine Herzen, als Wegweiser sozusagen, eingearbeitet haben. Ich liebe solche Details!


3 abschließende Tipps
Alles zu besichtigen schaffe ich selten, aber vielleicht interessiert euch noch folgendes:
- Unterirdische Gänge / Tuffsteinhöhlen
- Teatro dell’Aria / Falkenflugshows
- besondere Abendevents oder Mittelalterfeste
Gradara ist eine der best-erhaltenen mittelalterlichen Burgen in Italien. Der Ort samt historischer Gebäude wird euch nicht nur wegen seiner Geschichte, sondern auch wegen seines ganz eigenen Charmes in Erinnerung bleiben.
Die romantische Tragik um Paolo und Francesca natürlich nicht zu vergessen ♥
Tanti Saluti
Elena
Offenlegung:
Der Artikel über Dorf und Castello entstand ohne Auftrag und ohne Bezahlung. Den Eintritt habe wie jede:r andere auch in voller Höhe bezahlen müssen. Jedoch habe ich freundlicherweise hilfreiches Informationsmaterial beim örtlichen Pro Loco erhalten.