Es gibt noch so viel mehr zu sehen …
Einiges habe ich euch im 1. Teil meines Rundgangs durch die kleine Stadt Amelia im Süden von Umbrien schon erzählt. Doch nun spazieren wir weiter:
Cisterne Romane
Die römische Zisterne aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. (eine der größten in Italien!) war eine Premiere für mich. Ich gestehe, ich habe es nicht so mit Ausflügen “in die Unterwelt” oder Höhlen. Mag sein, dass ich leichte klaustrophobische Anwandlungen habe, aber diesen kurzen Abstecher habe nicht ausgelassen.
Wir gehen auf der anderen Seite des Hügels auf die Piazza Matteotti und durch eine unscheinbare Türe neben einem Brunnen gehen wir in einen ebenso unscheinbaren Raum. Von dort aus geht es über eine ziemlich steile Treppe, natürlich mit Schutzhelm, den unterirdischen Teil von Amelia. Wie meine Mutter bewiesen hat: Es ist aber sogar für Senior:innen möglich.
Zu sehen gibt es unter der Erde natürlich nicht besonders viel und aus Sicherheitsgründen sind die Böden mit Gummimatten ausgelegt. Wasser tritt immer noch ein und über die Jahrhunderte haben sich sogar Stalaktiten gebildet. Die Durchgänge sind nicht so hoch wie heutige Türen und Tore, aber sogar große Männer sind gut durchgekommen.
Was mich fasziniert hat, ist die Größe in der Gesamtheit! Dieses Wasserspeichersystem wurde im 1. Jahrhundert nach Christus erbaut und besteht aus 10 Räumen, die 5,7 m hoch sind.
Nach diesem Ausflug unter die Erde wollten wir natürlich wieder Luft und Weite haben. Dazu mussten wir nicht mal weit gehen.
Aussicht bei der Porta della Valle
Diese eine Stelle dürft ihr in Amelia auf keinen Fall verpassen: Den kleinen Park nahe der Porta della Valle. Ihr geht beim Teatro und der Ex-Kirche S. Angelo in Richtung einer Wiese (nicht zu übersehen).
Vorbei an antiken Mauern und liebevoll arrangierte Blumen werdet ihr mit einer Aussicht belohnt, die man nicht vergisst.
Übrigens gibt es auch einen Spazierweg, falls ihr rund um die Stadt gehen wollt und nicht nur mittendurch. Wir hatten die Zeit nicht, aber vielleicht bin ich irgendwann einmal so lang in der Gegend, dass sich das auch noch ausgeht.
Auch wenn die Hügellage von Amelia anstrengend zu gehen ist, das Zentrum ist nicht sehr groß, aber es gibt so viel zu sehen, dass man leicht zu wenig Zeit einplant. Denkt also auch über eine Übernachtung hier im Ort nach!
Palazzo Venturelli
Dieser historische Adelspalast ist ein beeindruckendes Beispiel der Architektur des “goldenen Zeitalters”, mit Innenhof und einer spektakulären Aussicht. Die Fassade ist schlicht, aber elegant; typisch für Palazzi der späten Renaissance (14. – 16. Jahrhundert).
Hier, in der Via Pomponia 30, gibt es echt viel zu berichten!
Wir wurden von Guglielmo Antonini, dem Besitzer freundlichst schon an der Tür abgeholt und durften gleich zu Beginn den spektakulären Ausblick von der Terrasse aus genießen.
Einfach wunderschön!
Guglielmo hat das Gebäude 2001 gekauft und 2002 die Renovierung gestartet. 3 Jahre waren sehr intensiv!
Dass das aber eine “never ending story” ist, wird niemanden von euch wundern. Gemeinsam mit seinem Sohn Luca betreibt er aber inzwischen vielfältige Projekte hier im Haus.
- 2006 wurden die ersten Gäste in den drei geräumigen Fremdenzimmern empfangen. Jedes in seiner Art anders und trotzdem klassisch im Stil. Wählt also zwischen gelb, rot oder blau.
- Zwischen 2016 und 2018 wurde das Weinmuseum errichtet. Hier werden nicht nur gute Tropfen und historische Geräte gezeigt – man kann natürlich auch eine Verkostung arrangieren.
- Seit 2022 könnt ihr im Untergeschoss zwei verschiedene historische Mosaike bewundern. Das Gebäude wurde auf einem römischen Domus erbaut; die Mosaike stammen vermutlich aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.!
- Selbstverständlich gibt es in einem Palazzo wie diesem auch einen Prunksaal mit Fresken. Diese Kunstwerke stammen aus dem 16. Jahrhundert.
Außergewöhnlich ist die Bilddekoration im durchgehenden Fries. Es zeigt sowohl erdachte Geschichten als auch wahre Erzählungen, in denen die Stadt Amelia und ihre Umgebung dargestellt werden.
Bemerkenswert sind auch die an der Wand ausgestellten Gemälde, die klassische Landschaften zeigen, Gebäude, archäologische Ruinen und andere fiktive, fantastische Figuren, wie mein sehr geliebtes Einhorn ♥
Doch nicht nur der Saal für offizielle Gelegenheiten hat mir gefallen; es gab auch noch weitere Räume, die ich wirklich als schön und gemütlich empfunden habe.
Nun sind wir mit unserem Rundgang schon wieder am Ende, aber ich will euch noch 2 Details zeigen, die man allzuleicht übersieht.
Die Präzision und Leidenschaft, mit der Guglielmo diesen besonderen Ort wieder zum Leben erweckt hat, könnt ihr in jedem Winkel entdecken und in der Wärme spüren, mit der er seine Gäste empfängt. Dieser Palazzo ist ein wahrhaft magischer Ort!
Die Familie Venturelli hat in Ihrer Geschichte Bischöfe und Gouverneure hervorgebracht und falls ihr etwas vom historischen Zauber spüren wollt, so bucht euch entweder eine der drei Suiten oder versucht, am richtigen Tag für eine Besichtigung anwesend zu sein. Genaue Details erfahrt ihr bei der Touristeninformation.
Weitere Palazzi in Amelia
Es gibt noch wirklich überraschend viele Palazzi in Amelia, aber zwei davon wollte ich unbedingt sehen, habe es aber bedauerlicherweise nicht geschafft.
– Der Palazzo Petrignani mit seinen traumhaften Fresken
– Der Palazzo Comunale aus dem 14. Jahrhundert soll ein absolutes Must-see sein.
Die Liste der weiteren Palazzi, die ich bei meinem Besuch nur im Vorbeigehen gesehen habe, ist aber noch viel, viel länger und ich vermute, dass jeder einzelne einen Besuch wert wäre.
Ich kann hier gar nicht alle aufzählen, aber wenn ihr euch bei der Touristeninfo einen Stadtplan holt, dann habt ihr neben einer vollständigen Auflistung auch gleich Erklärungen zu den wichtigsten Gebäuden dabei (auch in Englisch).
Die beste Reisezeit
Amelia ist eigentlich das ganze Jahr über ein Traum, aber meine liebste Zeit ist der späte Frühling oder frühe Herbst. Bei meinem Besuch im April hatte ich leider ein wenig Pech und es war noch deutlich zu kalt, teilweise auch regnerisch.
Im Mai blüht alles, und Juli/August findet das historische Fest “Palio dei Colombi” statt – ein mittelalterliches Spektakel, das ich gerne einmal miterleben möchte. Bei meinem nächsten Besuch werde ich daher eher das warme Halbjahr wählen.
Wo soll man schlafen?
In Amelia habt ihr tolle Optionen zum Übernachten: Entweder ihr wählt ein charmantes B&B innerhalb der Stadtmauern – perfekt, wenn ihr die historische Atmosphäre in vollen Zügen genießen wollt und gerne zu Fuß unterwegs seid.
Oder ihr entscheidet euch (wie wir) für eine der wunderschönen Unterkünfte im Umland. Diese Option hat gleich mehrere Vorteile: Ihr habt keine Parkplatzsorgen, genießt absolute Ruhe und einen atemberaubenden Blick über die umbrische Hügellandschaft. Wir haben im Agriturismo Tara genächtigt und wer mich kennt, kann sich denken, warum …
Was ich in der näheren Umgebung noch besucht habe
Eine schöne Altstadt zu besichtigen liebe ich, aber da ich auch Ausflüge mag, gebe ich euch gerne abschließend noch einige Tipps mit:
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Azienda Agricola Zanchi
⇒ SP8 Amelia-Orte km 4.610; 05022 Amelia
Eine Enoteca mit den Weinen dieses Weingutes könnt ihr in der Stadt Terni finden.
Mir haben die alten Gerätschaften in der Halle gut gefallen und ein Highlight abseits des Weines war das Gehege mit freundlichen Tieren, die wir sogar füttern durften.
C’era una volta in Amelia
⇒ voc. Stibi – Fornole di Amelia
Hier kann man nicht nur etwas außerhalb der Stadt Amelia Abendessen, nein, es werden im angeschlossenen Shop auch Produkte angeboten, die man für daheim mitnehmen kann. Doch dessen noch nicht genug: Wie Olivenöl produziert wird, wurde mir auch noch erklärt.
Mein persönliches Highlight war jedoch ein kleiner Fuchs, der beim Hinterausgang der Küche um Essen gebettet hat. Gleich 2x – was uns vermuten ließ, dass eine Familie im geschützten Bereich auf ihn wartet.
Sooo süß! Ich habe noch nie einen Fuchs außerhalb eines Zoos gesehen. ♥ Sorry für die Bildqualität, aber es ich habe durch ein Fenster, in der Nacht und bei Regen fotografiert.
Villa Aspreta – eine elegante Privatresidenz
⇒ Via Amerina, Amelia
Leider konnten wir dieses Prachtstück nur von außen bewundern, doch alleine die Fahrt durch die Allee und der Blick auf das historische Gebäude und Amelia war jeden Meter wert. Lasst euch das nicht entgehen und falls ihr ganz viel Glück habt, dann soll es sowas wie den Tag der offenen Gärten geben …
Warum Amelia so besonders ist
Was diese Stadt für mich so einzigartig macht, ist ihre Authentizität. In Amelia findet ihr das echte, unverfälschte Italien, fernab vom Massentourismus. Die Kombination aus jahrtausendealter Geschichte, lebendiger Kultur und der herzlichen umbrischen Willkommenskultur macht Amelia (bestimmt nicht nur für mich) zu einem ganz besonderen Ort.
Da wir uns >1 Stunde nördlich von Rom befinden und >2 Stunden südlich von Florenz kann Amelia auch in eine ganz wunderbare Rundreise eingebunden werden. Die Distanz ist nur 300 km, also mehr oder weniger wie Salzburg – Wien.
Fahr- & Parkverbote
Lasst mich euch bitte noch einmal ans Herz legen, dass ihr in Amelia besser zu Fuß geht, als mit dem Auto zu fahren. Es gibt an jeder Ecke ein Fahrverbot und definitiv genug Parkplätze außerhalb der Mauern.
Selten zuvor habe ich gesehen, dass ein Falschparker nicht sofort einen Strafzettel bekommen hat, sondern zuerst einmal eine schriftliche private Verwarnung. Das gäbe es bei uns wohl eher nicht.
“Lieber Ausländer, Sie parken in einem Bereich, der kein Parkplatz ist und sich vor meiner Garage befindet, was deren Nutzung verhindert …”
Was mein 1. Gedanke hier war: Wie schaffen es Senior:innen oder Kinder, in dieser Stadt zu Recht zu kommen. Die einfache Antwort lautet: Busse für Groß & Klein!
Ich hoffe, ihr spürt beim Lesen, wie sehr ich diese Stadt mag.
Habt ihr Fragen zu Amelia? Schreibt sie gerne in die Kommentare. Und wenn ihr schon mal da wart, würde ich mich sehr über eure Erfahrungen freuen!
Tanti Saluti
Elena
Offenlegung:
Ich war von der Gastfreundschaft überwältigt und danke an dieser Stelle ALLEN, die mir Ihre Zeit geschenkt haben. Eine Bezahlung habe ich weder für diesen noch für andere Artikel über Amelia erhalten.
Das klingt ja faszinierend! Ich finde es immer spannend, historische Stätten wie die römische Zisterne in Amelia zu entdecken. Auch wenn Höhlen nicht jedermanns Sache sind, lohnt es sich oft, seine Komfortzone zu verlassen und Neues zu erkunden. Danke für diesen interessanten Einblick und die Ermutigung, auch als Senior:in solche Abenteuer zu wagen!
Liebe Andrea,
vielen Dank für dein positives Feedback!
Ich wünsche dir eine schöne Vorweihnachtszeit.
Liebe Grüße
Elena