Warum diese bezaubernde Kleinstadt mein Herz erobert hat
Heute nehme ich euch mit an einen meiner absoluten Lieblingsorte in Umbrien – die wunderschöne Kleinstadt Amelia im Süden der Region. Diese mittelalterliche Perle hat mich vom ersten Moment an verzaubert, und ich kann es kaum erwarten, euch zu erzählen, warum ihr sie unbedingt auf eure Reiseliste setzen solltet!
Doch ich will noch etwas weiter ausholen! Vor einiger Zeit habe ich euch schon im Artikel “Scuderia Traguardo” berichtet, dass ich den Namen dieser Stadt bereits seit 2019 kenne, doch es sollte fünf Jahre dauern, bis ich endlich hier durch die Gassen spazieren konnte.
Wie ihr nach Amelia kommt
Natürlich bin ich wie so oft mit dem Auto angereist, denn der Weg ist für mich bereits ein Teil des Ziels. Von meiner zweiten Heimat aus (Lignano bis Amelia) sind es ca. 500 km – OHNE Mautstraßen gerechnet.
Ich liebe die Fahrt durch das Po-Delta, Richtung Ravenna und dann weiter über Bagno di Romagna. Man kann die Strecke auch an einem Tag schaffen, aber wir haben hier und dort etwas besichtigt und so haben wir uns den Luxus einer Zwischenübernachtung gegönnt.
⇉ Ein wichtiger Tipp für alle Autofahrer: Die Straßen in der Altstadt von Amelia sind extrem eng und teilweise nur für Anwohner zugänglich. Parkt am besten an einem der gut ausgeschilderten Parkplätze außerhalb der Stadtmauern – eure Nerven werden es euch danken!
Die Einheimischen wissen sich offensichtlich zu helfen, wenn es um das Reservieren von Parkplätzen geht. Vermutlich haben sich in der Vergangenheit nicht alle daran gehalten, dass hier tatsächlich nur Menschen mit Behinderung parken dürfen. Ich finde es originell und mehr als eindeutig.
Die beeindruckenden Stadtmauern – Ein Sprung in die Antike
Stellt euch vor: Die ersten Steine dieser gewaltigen Mauern wurden schon vor über 2000 Jahren gelegt und sind ein beeindruckendes Beispiel etruskisch-römischer Befestigungsarchitektur! Die Stadtmauer gehört zu den best erhaltenen antiken Mauern Italiens. Wenn ihr durch eines der alten Stadttore schlendert, fühlt es sich an, als würdet ihr durch ein Zeitportal gehen.
Durch die Dicke von bis zu 3,5 m und einer Höhe von 6 bis 8 m habe ich mich wirklich sehr klein gefühlt. Es ist einfach magisch, egal aus welcher Perspektive man das Bauwerk betrachtet.
Die Mauer wurde in der für die Etrusker typischen Polygonal Bauweise aus großen, perfekt ineinander gefügten Kalksteinblöcken ohne Mörtel errichtet. Da das fast unvorstellbar ist, hat sich die Legende entwickelt, dass Zyklopen bei der Errichtung beteiligt waren.
Insgesamt gibt es entlang der Stadtmauer gibt es 4 Tore: Porta Romana (Hauptzugang zur Stadt und eines der ältesten noch existierenden römischen Tore), Porta Leone IV., Porta Posterola und Porta della Valle.
Das zauberhafte historische Zentrum
Wir haben das Centro Storico durch die Porta Romana betreten, denn ein Parkplatz ist wirklich gleich nebenan. Hier verzweigen sich die Gassen wie ein Spinnennetz, und hinter jeder Ecke wartet eine neue Überraschung. In Amelia lohnt es sich, einfach auf und ab, kreuz und quer zu spazieren – ohne festes Ziel.
Unbedingt die Augen auch auf kleine Details lenken und holt euch vorher bei der Stadtinfo (unmittelbar rechts beim Stadttor) einen Plan mit den Sehenswürdigkeiten.
Wir sind jedoch zuerst einmal ESSEN gegangen, denn nach einer langen Anreise und vor einer geplanten Besichtigung muss man sich stärken. Wie manche von euch vielleicht schon gelesen haben, haben wir dafür das Lokal “Il Baronetto“, in der Via Farrattini 56, entschieden.
Wenn ihr das gleiche Tor (wie wir) nehmt, dann ist das links die lange gerade Straße. Sie führt vorbei am namensgebenden Palazzo Farrattini, den man aber leider nur selten besichtigen kann.
Den Palazzo Farrattini in der Waage und im Lot zu bauen war sicher eine Herausforderung. Auch wenn es von außen betrachtet schönere Palazzi gibt, innen soll alles bestens erhalten sein.
Das Gebäude entstand vor ca. 500 Jahren und falls ihr die Möglichkeit habt, hineinzugehen, beachtet vor allem den “Salone del Sangallo” mit dem wunderschönen Freskenfries.
Ebenfalls bemerkenswert sind die ursprünglichen Böden und einige der historischen Möbel sind ebenfalls noch erhalten. Was mich besonders interessieren würde: Im Keller des Palastes wurden Reste von römischen Bädern entdeckt.
Wenn ihr genau schaut, könnt ihr hier sehen, dass der Weg ein steiler ist und ich war froh, dass die Straße trocken war.
Von den vielen interessanten Möglichkeiten in die andere Richtung werdet ihr später noch einiges lesen!
Jede einzelne der genannten Sehenswürdigkeiten beim Wegweiser ist einen Besuch wert, doch nach unserer Erholungspause ging es gleich zu einem ganz anderen Highlight!
Was hat Terence Hill mit Amelia zu tun?
Die Älteren unter euch wissen vielleicht noch, dass der Filmpartner von Bud Spencer als Mario Girotti geboren wurde und zu Beginn seiner Karriere auch noch diesen Namen benutzte. Er verbrachte zwar seine 1. ersten Jahre in der deutschen Heimat seiner Mutter, übersiedelte dann aber nach Amelia, der Heimat seines Vaters.
Hier hat er 2017 die Eisdiele Girotti in der Via della Repubblica wiedereröffnet, die schon sein Großvater geführt hat. Viel spannender fand ich aber ein Unternehmen, das Verwandte vom Schauspieler bereits in der 5. Generation führen.
Fichi Girotti
Am Rückweg nach unserer Mittagspause haben wir die Firma Fichi Girotti besucht und wir durften zusehen, wie die wirklich noch handgemachten gesunden Snacks entstehen.
Die Firma Antonio Girotto wurde 1830 gegründet, und erlangte vor allem vor ~100 Jahren, also in den 1920/30ern, besonderen Aufschwung. Ich mag besonders die historischen Werbebilder.
Nur die besten Feigen werden in eine Form gelegt und mit Mandeln, Nüssen, kandiertem Obst und Kakao gefüllt und dann gepresst, bis sie ihre typische runde Form erhalten.
Die Form, in der die Feigen (ca. 800 kg im Jahr) gepresst werden, ist übrigens über 100 Jahre alt! Dass ich auch gekostet habe, wird euch nicht wundern. Da ich Feigen liebe, hat mir die kleine Süßigkeit sehr geschmeckt. Welches wäre euer Favorit?
Blau – mit Mandel
Grün – mit Walnuss
Rot – mit kandierten Früchten
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Als offizieller Partner der “Mille Miglia” hat die kleine Nascherei auch den Einzug in den Rennsport gefunden.
Sie wird von Sportlern als Energiespender geschätzt und weit über die Grenzen Italiens verschickt.
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Einen Webshop gibt es übrigens sogar in New York!
Auch wenn die Produktion per Hand erfolgt, für die Verpackung darf es schon eine Maschine sein, wenngleich auch diese bereits einige Jährchen auf dem Buckel hat, aber noch tadellos funktioniert. Die Kartons hingegen werden wieder per Hand befüllt.
Ihr seht also, dass dieses Produkt nicht ganz günstig sein kann, versteht sich von selbst. Dafür wird auf Zusätze jeglicher Art verzichtet. Ich mag das – und hey – ich habe keinen Cent und auch keine Ware bekommen, dafür, dass ich das hier schreibe. Mir hat diese Art der Produktion einfach gefallen!
Interessantes auf der Piazza Augusto Vera
Wieder zurück Richtung Porta Romana biegen wir auf den Platz vor der Kirche S. Francesco ein. Hier findet ihr unter anderem die bereits erwähnte Touristen Information (Pro Loco Office).
Für Kirche und das Museum hatten wir tatsächlich nicht genug Zeit. Sehr, sehr schade, denn vor allem die Statue des Germanicus würde ich wirklich sehr gern bewundern.
Aber da das nicht der einzige Punkt auf meiner Liste war, den ich NICHT geschafft habe, ist das ein guter Grund, wieder einmal Amelia zu besuchen und den Rest der Stadt zu erkunden.
Was ich allerdings besichtigt habe, sind die Zisternen. UND das, obwohl ich nicht ganz so gern in den Untergrund gehe! Doch dazu ein anderes Mal mehr, denn zuerst geht es in den Duomo von Amelia, die ganz am Hügel oben steht (Piazza V. Lojali).
Die majestätische Kathedrale
Alleine schon der Weg zum höchsten Punkt von Amelia ist es wert, gefahren oder gegangen zu werden, selbst wenn ihr wenig mit katholischen Kirchen anfangen könnt.
Die Cattedrale di Santa Fermina wurde im 9. Jahrhundert erbaut, jedoch mehrfach umgestaltet (z.B. 1240). Deutliche Veränderungen gab es nach einem Brand um 1630. Ihr heutiges Erscheinungsbild ist Barock mit verschiedenen kunstvollen Elementen wie Fresken, Gemälden und Altarbildern.
Neben der großen Orgel eine weitere bemerkenswerte Orgel aus dem 17. Jahrhundert.
Beachtet unbedingt auch die Seitenkapellen. In einer davon, der 8-eckigen, befinden sich Grabmäler der Familie Farrattini. Ihr erinnert euch? In dieser Straße, bzw. bei diesem Palazzo hat unser Stadtspaziergang begonnen.
Die Kathedrale ist der heiligen Fermina, der Schutzpatronin von Amelia, gewidmet. Die Reliquien dieser Heiligen (und auch anderer) werden in der Kathedrale aufbewahrt, und jedes Jahr am 24. November wird ihr Festtag gefeiert.
Auf eine Besonderheit will ich euch noch in einem extra Raum der Kathedrale hinweisen:
Die Krippenlandschaft
Nicht nur im Advent, sondern 365 Tage im Jahr könnt ihr ein einem Seitenzimmer des Doms eine wirklich große Krippe mit ganz vielen Details aus der Bibel bewundern. In liebevollster Kleinarbeit hat Dr. Carlo Chiappafreddo dieses Meisterwerk aus Gips beschaffen. Zwei der Szenen zeige ich euch hier und die anderen müsst ihr selbst erkunden.
Als Besonderheit wird das Licht von Sonnenaufgang bis -untergang heller bzw. dunkler und Sonne, Mond und Sterne – inklusive der Komet von Bethlehem – könnt ihr auch bestaunen.
Wenn ihr in dieser Gegend noch mehr Krippen sehen wollt, dann wäre mein Tipp das Kloster SS. Annunziata etwas außerhalb der Stadt Amelia (Loc. Montenero).
Mein persönliches Highlight – der Torre Civica
Besonders beeindruckend ist der freistehende Glockenturm (Campanile), der bereits kurz nach 1000 errichtet wurde. Er überragt die Dächer der Altstadt und bietet einen atemberaubenden Blick über die umbrische Landschaft.
Es ist der erste 12-seitige Turm, auf den ich hinaufgestiegen bin. Man kann vermuten, welche Bedeutung das hat; die 12 Apostel, 12 Monate, 12 Sternzeichen? Ich konnte es nicht herausfinden.
Über 30 m soll er hoch sein. Glaubt mir, die alten Stufen sind echt anstrengend zu gehen; hinunter noch mehr als hinauf!
Man sieht während des Aufstiegs die unterschiedlichen Bauphasen des Torre Campanaria. Aber noch mehr als die unterschiedlichen Baumaterialien haben mir die Kostüme gefallen, die wohl zu dem Mittelalterfest im Sommer gehören.
Dass Türme nicht nur für die Kirche genutzt wurden, ist nicht neu. Das gab es zu allen Zeiten und hier am Hügel ist der Zweck zur Verteidigung bzw. zumindest zum Ausschau-halten nach möglichen Angreifern mehr als sinnvoll.
Heutzutage kommt ein weiterer Nutzen hinzu, wie ihr sehen könnt.
Bevor ihr vom höchsten Punkt wieder ins Zentrum geht, schaut euch noch einmal um, denn es sind einige schöne Details an und vor Gebäuden zu sehen.
Nun habe ich euch einiges über das Zentrum von Amelia erzählt, aber das war noch lang nicht alles, was es hier zu sehen gibt. Wenn euch das gefallen hat, lest im 2. Teil, was ich sonst noch besucht habe. Glaubt mir, in und um Amelia findet ihr genug für mehrere Tage Urlaub!
Tanti Saluti
Elena
Offenlegung:
Ich hatte das Glück, dass mir ein Einheimischer seine Stadt und einige Betriebe seiner Freunde gezeigt hat. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar.
Liebe Elena,
bei dem Namen Amelia hat bei mir sofort ein Glöckchen geläutet und inzwischen erinnere ich mich daran, dass ich 2008 einmal dort war. Aber irgendwie habe ich es geschafft, von der wunderschönen Stadt, die Du hier zeigst, quasi nichts gesehen zu haben. Ich war dort Freunde besuchen und es war Winter. Eigentlich kein Grund so viel schönes zu verpassen. Daher habe ich mir Deinen Artikel heute mit viel Interesse und Vorfreude durchgelesen und werde demnächst nocheinmal dorthin reisen. Ich vermisse Italien sehr, gerade Umbrien hat es mir auch angetan.
Herzlichen Dank für diesen schönen Post!
Jens
Hallo Jens,
das freut mich total, dass du auch schon dort gewesen bist, denn praktisch niemand in meinem Umfeld kannte Amelia. Auch ich werde noch einmal hinfahren und die restlichen Schönheiten alleine erkunden, denn bei meinem Besuch war das Wetter nicht ganz optimal. Dass die Stadt etwas Besonderes ist, habe ich aber bemerkt und wie du, finde ich Umbrien wirklich sehr, sehr schön (und unterschätzt).
Liebe Grüße
Elena
Deine Berichte sind immer wieder herrlich zu lesen, freu mich jedes Mal, wenn der Newsletter eintrifft. Amelia ist wohl wirklich eine Reise wert. Mal sehen, wann ich da mal hinpilgern kann. Lg Christian
Hallo Christian,
ich freue mich sehr über deine netten Worte, danke! Die kleine Stadt hat mich tatsächlich überrascht und ich bin bestimmt wieder einmal dort, wenn ich in der Gegend bin. Generell ist Umbrien total unterschätzt!
Liebe Grüße
Elena