Museo dell’Arte Fabbrile e delle Coltellerie
Museum für Schmiedekunst und Schneidwaren
Maniago ist eine nette kleine Stadt (<12.000 Einwohner) im westlichen Friaul am Fuße der Alpen – ca. 1 Autostunde von Udine entfernt und nur 1/2 Stunde von Pordenone. Ich bin schon öfter hier gewesen, doch bei meinem letzten Besuch habe ich auch das über die Grenzen hinaus bekannte Messermuseum besichtigt (Werbung | Pressereise).
Das Museum befindet sich in einer früheren Spinnerei, nur wenige hundert Meter entfernt Stadtzentrum mit dem Palazzo d’Attimis und dem Duomo di San Mauro.
Interessanter Einblick in die Kunst der Messerherstellung in vergangenen Zeiten.
Bei meinem Rundgang konnte ich einen guten geschichtlichen Überblick der Messer und Scheren Herstellung bekommen.
Meiner Meinung nach ist es ein sehr sehenswertes Museum, wenn man sich für die Arbeitsbedingungen in früheren Zeiten und dem Wandel der Herstellung von Schneidwerkzeugen interessiert. Wir hatten das Glück mit Isabel eine sehr kompetente Führung in Deutsch zu bekommen. Ich bin aus dem Staunen kaum herausgekommen.
Das Museum hat zwei Etagen und ist in 3 Bereiche aufgeteilt:
- Anfänge des Schmiedehandwerks,
- Entstehung von Handwerksläden in den Häusern (18. Jh.),
- Ansiedlung der ersten Werkstätten zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Teilweise mechanische Ausstellungskojen präsentieren die unzähligen Exponate vergangener Tage auf beste Weise. Dadurch wird das Museum auch für Kinder interessant – vor allem wenn sich diese gerade im „Entdecker-Alter“ befinden und alles wissen wollen. Es gibt eine Wand, in der Messer und andere Werkzeuge stecken und hier ist es ausdrücklich erwünscht, dass man die Exponate berührt, um die Unterschiede besser erfühlen zu können.
Schön fand ich auch, dass Maschinen von früher maßstabsgetreu gezeigt werden. Dadurch versteht man manche Arbeitsschritte besser.
Den Film, der leider in Italienisch war, habe ich ausgelassen. Doch wenn ihr der Sprache ausreichend mächtig seid, ist das bestimmt ebenfalls interessant; von der kurzfristigen Entlastung der Füße einmal ganz abgesehen 🙂
Ein wenig zur Geschichte der Messer Herstellung
Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts lässt sich belegen, dass in Maniago Schlosser urkundlich erwähnt werden. Nicolò di Maniago durfte Wasserkraft nutzen und so konnten die ersten Schmieden betrieben werden. Zu dieser Zeit wurden aber nicht nur Messer, sondern auch Geräte für die Bauern und natürlich Schwerter und Hiebwaffen für Venedig hergestellt.
Amüsant fand ich die Geschichte, dass absichtlich die Fenster schmutzig gelassen wurden, weil schon damals Betriebs-Spionage ein Thema war.
Erst ab dem 18. Jahrhundert änderte sich die Technik und die Arbeit des Schmieds wurde feiner. Die Nähe zu Wasser war nicht mehr zwingend, denn Schleifstein und Werkbank konnte auch in den Häusern benutzt werden. Die Produktion der Kriegsgeräte ging zurück und stattdessen wurden vermehrt Scheren, Taschenmesser und Tischmesser hergestellt.
Solingen ist allen in Verbindung mit Messern sicher ein Begriff
Nach und nach entstanden in dem kleinen Dorf immer mehr Messerschmieden und zu Beginn des 20. Jahrhunderts sogar Fabriken. Die Serienproduktion begann und es entstand der zweitgrößte Industriestandort der Provinz Pordenone. Das erste Werk – CO.RI.CA.MA. (Coltellerie Riunite Caslino Maniago) – wurde vom Deutschen Albert Marx in Betrieb genommen, aber es gab nachfolgend auch viele andere.
Wir konnten sehen, dass bereits vor so langer Zeit wert auf ergonomisches Werkzeug gelegt wurde. Wohl aber vermutlich mehr aus dem Grund, die Produktivität hochzuhalten, als die Rücken der ArbeiterInnen zu schonen…
Besonders bemerkenswert fand ich jedoch, dass in den Fabriken auch Frauen arbeiten durften – und das nicht nur in der Fertigung, sondern auch in der Qualitätssicherung. Es wurde zu Beginn immer kontrolliert und stichprobenartig bis zum fertigen Produkt. Die Herren der Schöpfung haben offensichtlich schon damals erkannt, dass Feinarbeit eher Frauensache ist 🙂
Besonders herausgestellt wurde eine Frau namens Carlotta, die mit 15 begann, in der Messerfabrik zu arbeiten und mit fast 100 Jahren noch die Eröffnung des Museums erlebte.
Seit 1960 sind die verbliebenen Hersteller von Messern, Scheren und ähnlichen Produkten durch das Konsortium MKM (Consorzio Coltellinai Maniago Srl) vertreten bzw. gefördert. Wie ihr euch denken könnt, hat auch hier die Konkurrenz aus Fernost viele Betriebe ruiniert.
Heutzutage werden neben hochwertigen Messern und Scheren auch moderne Schneidwerkzeuge wie chirurgischen Instrumente, CNC-Maschinen, Laser-Schneidemaschinen und sogar Schlittschuh Kufen und Waffen für die Filmindustrie hergestellt.
Souvenir, Souvenir
Wie in praktisch jedem Museum befindet sich im unteren Stock (kurz vor dem Ausgang) ein kleiner Shop. Mitbringsel für daheim oder wunderschöne Karten wie die nachstehende kann man zu einem vernünftigen Preis erwerben.
„Festival der Messer“
Selbstverständlich darf eine so lange Geschichte auch gefeiert werden. Daher findet jedes Jahr im letzten Drittel vom Juli das „Coltello in Festa“ statt. An diesem Wochenende kann man im Stadtzentrum Ausstellungen von Handwerkern bewundern und noch einiges mehr, was bei einem Stadtfest zu erwarten ist. Jede Menge Speisen und Weine, Aktivitäten für Kinder und natürlich Musik. Zusätzlich können einige Produktionsstätten besucht werden, die sonst nicht zugänglich sind. Eine Ausstellung im 1. Stock des Palazzo D’Attimis wird ebenso geboten.
Seit meinem Besuch schaue ich mir öfter ein Messer genauer an, wenn ich es daheim in die Hand nehme.
Museo dell’Arte Fabbrile e delle Coltellerie
Via Maestri del Lavoro, 1,
33085 Maniago (PN)
+39 0427 709063
museocoltellerie [at] maniago [dot] it
Öffnungszeiten (Stand 2019):
Donnerstag – Montag: 9.30 – 12.30 Uhr / 15.30 – 18.30 Uhr
Dienstag und Mittwoch: 9.30 – 12.30 Uhr (nachmittags geschlossen)
Am 24., 25., 26. und 31. Dezember, 1. Januar und Ostern geschlossen.
Der Eintritt ist mit 4,– € pP. sehr moderat, zumal es noch 50 % Ermäßigungen für Personen über 60 bzw. unter 25 Jahren gibt.
Für Gäste mit FVGcard, Kinder unter 12 Jahren, Behinderte und Schulklassen ist der Eintritt sogar gratis.
Tanti Saluti – Elena
Offenlegung:
Dieser Artikel entstand freiwillig im Zuge einer Pressereise. Ich bedanke mich herzlich für die Einladung und die interessante Führung durch das Museum.