Bei einigen meiner früheren Recherche-Reisen habe ich die Emilia-Romagna bereits besucht. In Vignola bin ich allerdings damals nicht gewesen – wohl aber sehr nahe dran.
Und wie das Leben so spielt hat es sich vor einiger Zeit ergeben, dass mir ein italienischer Freund nicht nur diese Burg, sondern auch die Stadt Vignola samt anderer interessanter Plätze in der Gegend gezeigt hat.
Ein historischer Adelssitz in der Provinz Modena
Abgesehen davon, dass man keinen Hügel oder gar Berg erklimmen muss (weil das mittelalterliche Kastell mitten in der Gemeinde steht), ist diese Festung der Sitz der „Unione Terre di Castelli„, einer Vereinigung von unterschiedlichsten Burgen in der Region.
Übersehen kann man dieses prächtige Gebäude absolut nicht. Der viereckige Rocca mit den 3 hohen Türmen hat neben einer Zugbrücke und einem Wassergraben noch jede Menge anderer Details.
Momentan ist der Prachtbau nicht zu besichtigen (Covid-19 Sperre), aber das wird wieder, da bin ich mir sicher. Die aktuellen Informationen lest ihr dann hier: Zugangsregeln für den Besuch.
Wenn man dann wieder hinfahren darf, findet ihr sehr nahe einen Parkplatz: Via Zenzano. Nach wenigen Minuten zu Fuß erreicht man – vorbei an der Pusteria (=Notausgang im Falle einer Belagerung) – die Piazza dei Contrari.
Ein wenig Geschichte
Der Abt von Nonantola hat bereits um 900 nachweislich mit dem Verteidigungsbau begonnen. Wie man innen erahnen kann, wurde das Gebäude nicht nur zur Verteidigung genutzt, sondern über mehrere Jahrhunderte hinweg auch bewohnt.
Es war übrigens einer der Herrscher von Ferrara, der die Burg von Vignola um 1400 an die Adelsfamilie Contrari als Lehen übergab. Nach deren Aussterben übernahmen die Boncompagni die Markgrafschaft.
Die wohlklingenden Namen der Säle & Türme
Falls ihr in der Gegend seid, nutzt unbedingt die Möglichkeit, dieses historisch wertvolle Objekt innen zu besichtigen! Die unglaublich schön mit Fresken verzierten Räume stammen hauptsächlich aus dem Mittelalter (ca. 1500). Im Erdgeschoss findet ihr die Repräsentations-Säle:
- dei Leoni (Saal der Löwen),
- dei Leopardi (Saal der Leoparden),
- delle Colombe (Saal der Tauben) und
- degli Anelli (Saal der Ringe).
Doch auch im 1. Stock sind die Namen nicht weniger schön;
- delle Dame (Saal der Hofdamen),
- del Padiglione (Saal der Pavillons),
- dei Cani (Saal der Hunde),
- degli Stemmi (Saal der Wappen),
- dei Tronchi d’Albero (Saal der Baumstämme).
Diese Räume wurden von den Adeligen bewohnt, während im Stock darüber die Bediensteten-Räume waren. Die Fresken erzählen u.a. Geschichten aus dem Leben der Adelsfamilien. Weiters findet ihr
- im Keller die Säle della Meridiana, dei Grassoni und dei Contrari, die heutzutage für Veranstaltungen genutzt werden.
- Die Cappella dei Contrari ist einer der sehenswertesten Räume überhaupt. Der wirklich gut erhaltene spätgotische Freskenzyklus zeigt Geschichten aus dem Leben Christi.
Im 2. Stock möchte ich den „Sale degli Armigeri“ (Saal der Kämpfer) erwähnen. Noch weiter oben sind die umlaufenden Rundgänge, die früher Spähern zur Verteidigung dienten.
Alle sind mit den Türmen verbunden, die ebenfalls Namen haben:
- di Nonantola (Herkunftsort des Gründers und Hauptturm),
- delle Donne (Hofdamen) und
- del Pennello (Malerpinsel).
Falls ihr fit genug seid, so könnt ihr die Treppen ganze 5 Etagen hinauf steigen und den Ausblick bewundern.
Es ist der Mühe absolut wert!
Doch falls ihr Knieprobleme habt oder mit Höhe nicht gut zurechtkommt, lasst es lieber und nutzt Bilder aus dem Netz. Die Treppen sind nicht ohne, vor allem beim Heruntergehen. Man wird sogar darauf hingewiesen, dass man passendes Schuhwerk anhaben sollten, wenn man die Treppen bis ganz oben benutzt. Ich kann das nur bestätigen!
Der bekannteste Sohn der Stadt
Giacomo (Jacopo) Barozzi da Vignola wurde kurz nach 1500 geboren; er war ein gefragter Architekt des Manierismus (das ist der Stil zwischen Renaissance und Barock). Schon die Tatsache, dass er im Pantheon in Rom seine letzte Ruhestätte gefunden hat, zeugt von seiner Bedeutung.
Einen seiner schönsten Entwürfe findet man gleich gegenüber der Festung, im Palazzo Contrari-Boncompagni. Die ovale, freitragende Wendeltreppe (106 Stufen/>12 m/4 Etagen) hat mich sehr beeindruckt. Wenn ihr Palazzo Barozzi e Scala Chiocciola lest, dann ist auch dieser Palazzo (< 1600) gemeint. Also nicht verwirren lassen!
Der Palazzo kann nur am Wochenende besichtigt werden. Bedenkt wie so oft in Italien die Mittagspause von 12:00 bis mindestens 15:00!
Nur ein Tipp am Rande: Falls ihr jetzt auch Hunger verspürt, gleich neben dem Palazzo lässt sich dieses „Problem“ lösen 🙂
Wenn ihr mehr Zeit habt und zusätzlich zu Burg und dem gegenüberliegenden Palazzo noch Lust auf mehr habt, dann hätte ich noch 3 Vorschläge.
- Torre dell Orologio (Piazza dei Contrari)
- Museo Civico di Vignola (Stadtmuseum)
- Torre Galvani e giardino pensile (Turm Galvani mit hängendem Garten)
Was sollte man über Vignola sonst noch wissen?
Ca. 25.000 Einwohner hat die Stadt mit dem gemütlichen Zentrum und ist bekannt für Kirschen „Mora di Vignola“, Parmigiano-Reggiano-Käse, Lambrusco-Wein und Basamico-Essig.
Ein Pflichtbesuch für Naschkatzen
Als Mozartkugel-liebende Salzburgerin wundert es mich nicht, wenn man den Namen eines bekannten Sohnes der Stadt als Süßigkeit vermarktet:
Die Torta Barozzi gilt als Besonderheit und leider kann ich euch die schokoladige Kalorienbombe hier nicht schmecken lassen; wegen Covid-19 noch nicht einmal zeigen, aber das wird sich ändern, sobald man wieder unterwegs sein darf.
Ich freue mich heute schon, wenn wir irgendwann wieder einmal ohne Einschränkungen reisen dürfen und ich die riesigen Felder mit blühenden Kirschbäumen sehen kann oder an einem der vielen Stände am Straßenrand nur wenige Wochen später bereits geerntete Kirschen kaufen kann.
Kirschenbäume soweit das Auge reicht
Optimal wäre ein Besuch März/April während des Kirschenblütenfestes „Festa dei ciliegi in fiore„, denn ich liebe Märkte und Paraden mit geschmückten Wägen.
Eine weitere Möglichkeit hat man dann Mai/Juni „Tempo di Ciliegie„, wenn in der ganzen Stadt an jeder Ecke kulinarische Köstlichkeiten angeboten werden, nicht wenige davon mit Kirschen.
Genau genommen sind die Felder aber sogar im Winter mystisch schön.
🍒🍒🍒
Donnerstags ist übrigens immer der „normale“ Markt wie in vielen Städten Italiens. Hoffentlich finden diese Veranstaltungen wieder ohne Einschränkungen statt, wenn die Pandemie abflaut und wir uns wieder mit anderen Menschen treffen dürfen.
- Einen Parmigiano Reggiano erzeugenden Betrieb durfte ich im Laufe dieser Reise auch besuchen.
- Wie man den berühmten und beliebten Aceto Balsamico herstellt, das wurde mir auch bereits erklärt.
Diese Reise ist mir mehr als viele andere im Gedächtnis geblieben, denn ich durfte mit unterschiedlichen italienischen Freunden Zeit verbringen.
Niemand kann eine Gegend besser präsentieren als Menschen, die genau hier wohnen. Ich bin froh und dankbar für jeden einzelnen, die/der mir Zeit geschenkt hat.
Vignola und das Umland ist wunderschön
und bei weitem nicht so überlaufen wie andere Gegenden.
♥ Das Beste an dieser Reise aber war,
dass ich neue Freundschaften geknüpft habe ♥
Tanti Saluti – Elena
Offenlegung:
Dieses tolle Bauwerk und die Gegend rundherum haben mir italienische Freunde gezeigt. Danke nochmal an dieser Stelle für die Auskünfte und Unterlagen, die ich im Info-Point erhalten habe – GRAZIE! Der Beitrag ist ohne Bezahlung und Auftrag entstanden.