Ein friulanischer Ausflug – von Tolmezzo in die Berge

Mit dem Reisen im Jahr 2020 war es so eine Sache! Ich kenne fast niemanden, der nicht mindestens eine Reise absagen musste. Meist sogar mehrere, wenn man die Kurzreisen dazu zählt.

Aber die Sache hat auch etwas Gutes: Ich bin endlich dazu gekommen, von Tolmezzo aus in die Berge zu fahren.

Unser Routen-Plan lautet also wie folgt:

  • Tolmezzo
  • Villa Santina
  • Lauco
  • Ampezzo
  • Sauris di Sotto & di Sopra
  • Villa di Verzegnis
  • Tolmezzo

Wieviel Zeit braucht man?

Für unsere Route solltet ihr euch mehr als einen Nachmittag Zeit nehmen, denn obwohl die Strecke keine 100 km lang ist, sind es gut 2,5 Std. reine Fahrzeit! Ich hatte bei meiner Fahrt wie so oft zu wenig Zeit eingeplant, weil ich mich zu sehr auf die Kilometer fixiert hatte und auch ehrlich nicht damit gerechnet hatte, dass mir die Dörfer am Wegesrand so gut gefallen.

Wir erreichen unseren Startpunkt über die

  • SS13 und fahren ein gutes Stück auf der
  • SS52, bevor wir in Ampezzo auf die
  • SP73 abbiegen.

Tolmezzo

Die 10.000 Einwohner-Stasdt liegt etwa 50 km nördlich von Udine. Sie ist eher untouristisch, wurde aber zur „Alpenstadt 2017“ gekürt. Wie mir ein älterer Einheimischer bei einer Kaffee-Pause erzählt hat, zogen in den letzten Jahrzehnten viele Menschen weg, weil es keine Arbeit mehr gegeben hat. Doch das ändert sich seit einiger Zeit, denn der „Carnia Industrial Park“ in Tolmezzo und 2 anderen Gemeinden bietet in fast 200 Unternehmen ungefähr 3.600 Mitarbeitern Arbeit. Das ist nicht wenig, wie ich meine.

Ein Kreisverkehr bei der Ortseinfahrt nahe dem Industriegebiet nach meinem Geschmack

Die Besitzverhältnisse der Stadt samt Umgebung waren sehr wechselnd: zuerst dem Patriarchen von Aquileia unterstellt, bevor es zu Venedig kam. Erst nachdem Napoleon und die Österreicher eine Zeitlang die Oberherrschaft hatten, wurde Tolmezzo italienisch.

Bei den Sehenswürdigkeiten wird außer 3 Kirchen, wovon der Duomo S. Martino geweiht ist, direkt in Tolmezzo nicht besonders viel geboten. Innen soll die spätbarocke Palazzo Linussio sehr schön sein und das „Museo Carnico delle arti e tradizioni popolari“ (Museum der populären Künste), aber das muss ich bei meinem nächsten Besuch noch genauer erkunden.

Villa Santina

Mein nächster Stopp ist eine kleine Gemeinde nur wenige Kilometer von meinem Ausgangspunkt entfernt.

Hier auf der Piazza Italia kann man gut parken und wenn ihr beim Blumenladen das landestypische Haus mit den Rundbögen seht, dann sollte es angeblich ein Mosaik der berühmten Mosaik Schule von Spilimbergo in der Nähe geben, aber leider habe ich es nicht entdeckt. Ein Grund, nochmal hierherzukommen.

Ein weiterer Grund ist jedoch, dass es für ein relativ kleines Dorf ziemlich viele Gaststätten gibt und mindestens eine davon werde ich in den nächsten Jahren testen.

Eigentlich wollte ich direkt auf der gut ausgebauten Hauptstraße weiterfahren, doch dann bemerkte ich einen Wegweiser, der mich zu einem ungeplanten Abstecher in die Berge verführt hat.

Lauco

Den Namen dieses Dorfes habe ich im Zusammenhang mit einer besonderen Übernachtungsidee zuvor mehrfach gehört. Alte, aber behutsam renovierte einzelne Häuser werden ganz oder teilweise an Gäste vermietet. Sobald man wieder „normal“ reisen darf, werde ich mich diesbezüglich genauer informieren.

Die Straße nach Lauco ist kurvig – sehr kurvig, doch dass dieses Dorf in meinem Beitrag nicht fehlen darf, zeigte mir ein Wegweiser der besonderen Art ♥

Es schien wie ein Zeichen zu sein, nach Lauco zu fahren.

Noch bevor man bis zum eigentlichen Zentrum vordringt wird man schon freundlich begrüßt.

Lauco liegt +/- 720 m hoch und hat neben den ursprünglichen Häusern auch eine beeindruckende Fernsicht. Zum Ortsgebiet gehören zahlreiche kleinere Ansiedlungen, die Weiler genannt werden.

Die ersten Aufzeichnungen sind tatsächlich bereits ca. 900 belegt, wobei der Ursprung natürlich noch viel älter ist. Wie überall in der Gegend waren nämlich die Römer schon hier, was Straßenreste bestätigen.

Ebenso gibt es Grabfunde – die „Gräber der Heiden“ – die, in Stein gemeißelt, Zeugen von keltischer Besiedlung sind.

Eine Besonderheit ist die Kapelle der Madonna di Trava, eines der Heiligtümer in Friaul. Man glaubte, dass das Bild der Madonna verstorbene Kinder für die Taufe wieder zum Leben erwecken konnte. Leider lag diese Sehenswürdigkeit etwas abseits meiner Route, daher war ich (noch) nicht dort.

Das Gemeindeamt im oberen Teil vom Lauco

Wieer im Tal angekommen, geht es durch die Dörfer Quinis und Enemonzo, bevor wir bei unserem nächsten Zwischenziel Pause machen. Und hey – achtet auf den Turm! Schiefe Türme gibt es nicht nur in Pisa! Wenn man davor steht, sieht man die Neigung und die Spannseile noch viel besser.

Ampezzo

Müsste ich einen Stützpunkt für Ausflüge in dieser Gegend wählen, so wäre das wegen der Möglichkeiten, die man von hier aus hat, mein absoluter Favorit.

Dass diese Vorliebe nicht an heimatlichen Gefühlen angesichts eines bekannten Salzburger Bieres liegt, wird für alle, die mich kennen, klar sein. Neben der strategisch interessanten Lage, gefallen mir die Häuser im Ortszentrum mit ihrer Unterschiedlichkeit.

Wenn ihr noch einmal einen Blick auf die Karte werft, so seht ihr, dass sich hier die Straße gabelt und man sich zwischen Sauris und Forni entscheiden muss/kann. Ich habe mich diesmal für Sauris entschieden, aber bei meinem nächsten Besuch werde ich natürlich die andere Straße nehmen.

Noch nie zuvor habe ich an einer Waldstraße ein Rudel Katzen angetroffen.

Gleich nach dem Ortsgebiet ist mir – quasi mitten im Wald – ein ganzes Rudel Katzen begegnet. Ich konnte nur 2 der süßen Tiere fotografieren, aber es waren wirklich total viele! Ob die zu dem nahegelegenen Haus gehören oder verwilderte Tiere sind, weiß ich nicht.

Ich will es nur für alle erwähnen, die diese Route nachfahren wollen. Bitte seid kurz nach Ampezzo besonders achtsam!

Lago di Sauris

Über eine kurvenreiche (durch unzählige Tunnel unterbrochene) Straße kommt man nach einigen Kilometern an den Sauris See.

Es handelt sich um keinen natürlichen See, aber auch wenn eine Staumauer „schuld“ an der Entstehung ist, der Anblick ist ein Traum! Direkt beim Ausgang des letzten Felsentunnels hat man eine kleine Parkmöglichkeit, nahe des Hubschrauberlandeplatzes.

Der See wird übrigens auch manchmal (selten, aber doch – zuletzt 2013) geleert und dann kann man sogar noch Ruinen eines alten Dorfes sehen.

Was für eine Idylle – was für eine Farbe!

Die Straße entlang der Schlucht (Val Lumiei) ist spannend zu fahren und es war nicht zu übersehen, dass viele Motorradfahrer ihre Freude an der landschaftlich schönen Strecke haben.

Achtung jedoch vor der Nässe in den unzähligen, teilweise gepflasterten Tunneln! Es kann zu jeder Jahreszeit glatt sein, da nicht wenig Wasser von oben tropft. Gut, dass ich diesmal NICHT mit dem offenen Cabrio unterwegs war 🙂

Sauris di Sotto & di Sopra

= das untere & das obere Sauris

Je weiter sich die Straße nach oben schlängelt, umso mehr ähneln die Häuser denen in manchen österreichischen Tälern. Was aber auch kein Wunder ist, denn Sauris ist eine deutschsprachige Sprachinsel und so kann man mit etwas guten Willen einiges verstehen.

Die Möglichkeit einer ortstypischen Schinken-Verkostung gab es nahezu an jeder Ecke. Da es aber bei meinem Besuch schon Herbst war und die strengen Corona Auflagen den Spaß etwas trübten, habe ich darauf verzichtet.

Abgesehen von Speck und Schinken sind Holzschnitzereien wie die Gezeigte typisch für diese Gegend.

Wenn ihr nun glaubt, dass es in Sauris nur die rustikalen Häuser gibt, so täuscht ihr euch! „Normale“ Einfamilienhäuser gibt es auch, jedoch sind die bäuerlichen Holzhäuser deutlich in der Überzahl.

Das Gemeindeamt in Sauris
eine der Gastwirtschaften in Sauris

Nun geht’s wieder abwärts und um etwas Abwechslung in den Heimweg zu bringen, habe ich ab Villa Santina eine Route auf der anderen Seite des Tagliamento gewählt.

Santuario della Madonna del Ponte

Allein die Aussicht auf die Brücke und den Tagliamento ist vom kleinen Parkplatz aus diese Pause wert! Abgesehen davon gibt es eine Quelle, bei der ich mehrere Einheimische Wasser abfüllen gesehen habe. Ob sie heilkräftig oder gar wundertätig sein soll, konnte ich nicht in Erfahrung bringen, jedoch habe ich natürlich auch meine Wasserflasche gefüllt.

Wenn man auf der Brücke steht, sieht man ganz weit in beide Richtungen.

Kultstätten befinden sich praktisch immer an strategisch wichtigen Punkten – so auch hier! Wie oft bei Kapellen nahe von Flüssen wurde sie wohl ursprünglich als Bittstätte für Schutz genutzt. Dass heutzutage hier auch geheiratet beweisen die weißen Maschen an den Fenstergittern.

Etwas verwirrt hat mich allerdings der Außenaltar mit dem großen „M“, aber vielleicht kann ich auch das herausfinden, sobald Covid-19 Angst & Abstand halten nicht mehr den Kontakt zu Einheimischen behindert.

Die Kapelle ist sicher kein kunsthistorisches Meisterwerk, aber sie kann als Zeugnis der handwerklichen Kunst der einfachen Bevölkerung angesehen werden.

Direkt von diesem Parkplatz aus spaziere ich zu meiner vorletzten Sehenswürdigkeiten. Google sei Dank wurde mir das aufgezeigt, denn üblicherweise stiefle ich nicht alleine in einer mir unbekannten Gegend im Wald herum.

Basilica Paleocristiana

Noch zum Ortsgebiet von Villa Santina gehörend, muss man einen schmalen Waldweg hinaufgehen und wenn man glaubt, da kann gar nichts zu finden sein, ist man angekommen!

Verlaufen kann man sich auf diesem Weg definitiv nicht!

Die Ausgrabungsstätte ist durch ein transparentes Dach gut geschützt. Es wurden 2 übereinandergebaute Kirchen aus unterschiedlichen Epochen gefunden, wobei belegt ist, dass die neuere abgebrannt ist.

Der rechteckige Hauptraum, an den die Apsis und mehrere Nebenräume grenzen, ist noch klar erkennbar. Bei den teilweise unglaublich gut erhaltenen Mosaiken sind florale und geometrische Muster gelegt.

Ebenfalls hier gefunden wurde ein wunderschönes Bronze-verziertes Holzkreuz, das jedoch nach der Restaurierung im Archäologischen Museum in Cividale d.F. aufbewahrt wird.

Ein schönes Zeichen von frühkristlicher Kunst, das ich an dieser Stelle niemals vermutet hätte!

Am Weg zu unserem letzten Halt konnte ich auf der anderen Uferseite noch eine sehr dominante Kirche sehen.

Santa Maria Maddalena

Erbaut auf den Resten einer der ältesten Pfarrkirchen in Karnien (ca. 6. Jahrhundert). Wie viele Gebäude in dieser Zone wurde auch diese Kirche durch mehrere Erdbeben schwer beschädigt, aber immer wieder aufgebaut.

Falls ihr auf der anderen Seite des Tagliamento unterwegs seid, so geht hinein und seht euch das hölzerne Polyptychon (Flügelaltar mit mehr als zwei Flügeln) aus dem 15. Jahrhundert an. Erschaffen von Domenico da Tolmezzo, dem größten friaulischen Schnitzer seiner Zeit. Zu sehen ist jedoch „nur“ eine Kopie, da das wertvolle Original im Diözesanmuseum in Udine ausgestellt ist.

Art Park – Villa di Verzegnis

Der Ortsteil Villa ist klein, aber der Art Park ist gut beschildert. Man würde diese Art Kunst eher auf der Biennale in Venedig vermuten, aber moderne Kunst hier im tiefsten Friaul, das hat schon was!

Einen Parkplatz und eine Erklärungstafel gibt es auch – allerdings leider nur auf italienisch.

Der Kunstsammler und Mäzen Egidio Marzona ist zwar in Deutschland aufgewachsen, hat aber friulanische Wurzeln. Daher dürfen wir alle ganzjährig bei freiem Eintritt moderne Objekte von Künstlern aus der ganzen Welt bewundern. Bei meinem Besuch waren es 16 Objekte, von denen ich euch 2 zeige. Die Sammlung begann in den 80er-Jahren und mal sehen, vielleicht wird sie noch erweitert…

Diese letzte Station ist ein schöner Abschluss dieser Tour, bevor es Richtung Tolmezzo und weiter auf die Hauptstraße bzw. Autobahn geht.

Tanti Saluti

Elena


Offenlegung:

Diese Reise wurde mir weder bezahlt noch habe ich einen Auftrag dafür erhalten.


Print Friendly, PDF & Email
Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert