Sesto al Reghena

Das Highlight dieses Dorfes ist die Abtei Santa Maria in Sylvis

Wie oft ich in den letzten Jahrzehnten in Sesto al Reghena gewesen bin, kann ich gar nicht mehr zählen. Wohl aber erinnere ich mich an meinen 1. und meinen bislang letzten Besuch. Doch beginnen wir am Anfang…

Wo muss ich hin?

Gerade mal +/- 40 Auto-Minuten von den 3 bekannten Badeorten Caorle, Bibione und Lignano-Sabbiadoro ist dieses historische Kleinod entfernt. Der Name geht auf die Römer zurück, denn

  • Sesto bezieht sich auf 6 Meilen (ca. 10 km), die Entfernung auf der Via Augusta zur römische Militärgarnison Concordia Sagittaria;
  • Reghena heißt der Fluss, der sich durch das Dorf schlängelt.

Wenn ihr die direkte Verbindung über Portogruaro wählt und mit offenen Augen auch ein wenig neben der Straße die Gebäude betrachtet, so ist das wunderschön bemalte Tor unübersehbar! Einen Parkplatz zu finden ist nicht besonders schwer; in unmittelbarer Nähe gibt es reichlich und noch nie habe ich vergebens gesucht.

Nicht nur außen Hui

Als ich zum 1.x in den Innenhof gegangen bin, war alles noch entspannter als heutzutage. Leider gibt es Menschen, die nicht ‚mal Respekt vor kirchlichen Gebäuden haben und Dinge stehlen oder zerstören; mir wurde erzählt, es waren Kinder, die Angst vor den abgebildeten Szenen hatten, aber das entschuldigt nichts. Wie auch immer – der Zahn der Zeit tut sein Übriges dazu, dass die Substanz nicht besser wird.

In den letzten Jahren wurde die Basilika zum Glück sehr aufwendig restauriert und es wird mit Argusaugen darauf geachtet, dass niemand, wirklich niemand Innenaufnahmen macht. Erfreulicherweise war diese Sehenswürdigkeit auch Teil einer Pressereise, an der ich vor einiger Zeit teilnehmen durfte. Daher kann ich euch einige wenige Innenaufnahmen zeigen.

Wenn ihr euch jetzt fragt, warum ich nicht eingangs WERBUNG geschrieben habe, dann sage ich ganz klar: Ich bin schon so oft hier zum Beten oder einfach bewusst Ruhe genießen gewesen, dass diese sehr kurze Zeit so einen verschwindend geringen Anteil an den Besichtigungen hat, dass es völlig übertrieben wäre, hier zu kennzeichnen. Abgesehen davon, dass mir die katholische Kirche natürlich keinen Cent bezahlt.

Die geschichtlichen Fakten im Schnelldurchlauf

Die Abbazia Santa Maria in Sylvis ist eine Klosteranlage, die auch – wie unschwer zu erkennen ist – befestigt wurde. Wenn ihr zwischen Fluss und Kirche in den Grünbereich geht, so seht ihr sogar römische Fundstücke.

Belegt sind die Ursprünge dieser Anlage bis in die Mitte des 8. Jahrhundert zurück: Der Langobarden Herzog Peter hat mit seiner Frau Piltrude und den 3 Söhnen Erfo, Anto und Marco ein Benediktiner Kloster gegründet (sorry, die Namen musste ich einfach dazuschreiben).

Im Laufe der Zeit wurde das Kloster sowohl von Mönchen als auch von Nonnen benutzt. Nacheinander versteht sich, nicht gleichzeitig 🙂

Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts wurde immer wieder (auch als Teil des Patriarchats von Aquileia) aus- und umgebaut, bevor die Gebäude von Venedig übernommen wurden. Es ging später zwar wieder an kirchliche Ordensgemeinschaften über, aber an die Blütezeit konnte nicht mehr angeschlossen werden.

Kurz vor 1800 wurden die Gebäude sogar versteigert und erst in den 1920er Jahren wurde wieder eine Pfarrei daraus. Zu der Zeit begann man auch mit Renovierungen, die in den letzten 100 Jahren immer wieder Teile vor dem Verfall gerettet haben.

Das Klostergelände mit Innenhof

Mich hat der Torre Grimani mit den schönen Malereien und dem Markus-Löwen über dem Tor zum 1. Besuch verführt. Früher soll hier sogar eine Zugbrücke gewesen sein. Er wurde um 1000 erbaut und ist der letzte von ursprünglich 7 Türmen. Wie wunderschön muss die Anlage damals gewesen sein!

Die Abtei selbst ist unverkennbar romanisch und wie oft in Italien steht der Campanile, der Glockenturm, abseits vom Hauptgebäude.

Hier befindet sich auch der ehemalige Wohnsitz des Abtes auf der rechten Seite. Das Renaissance-Gebäude auf zwei Etagen und dem Portikus, über den man direkten Zugang zum Kirchenvorraum hat, wird heute als Rathaus genutzt. Besonders gefallen haben mir die noch gut erhaltenen Wappen bedeutender Adelsfamilien an der Fassade.

Es gibt jedoch mehrere weitere Nebengebäude, die gar nicht so klein sind und als Pfarrheim, Kindergarten, Stadtbibliothek und/oder Gästehaus genutzt wurden bzw. werden. Sogar ein Gefängnis soll sich hier befunden haben! Den (beinah) wichtigsten Raum auf Besichtigungen gibt es auch zu finden!

Der Kircheninnenraum

Die dreischiffige Basilika wirkt durch den offenen Dachstuhl besonders erhaben. Zuerst betreten wir eine Art Kunstgalerie und einen Museumsraum mit Exponaten aus unterschiedlichsten Epochen.

Alle Fresken im Inneren kann ich euch gar nicht beschreiben, denn es sind zu viele. Aber die, die interessiert sind, können einen Folder mit den Details in angeschlossenen Shop rechts vom Altar in der Sakristei bekommen.

Herausgreifen will ich aber folgendes:

  • Achtet bereits kurz nach dem Hineingehen links auf Fresken der Hölle und rechts dem Himmelsparadies, Beispiele für die mittelalterliche Vorstellung vom Tod.
  • Der bedeutendste Freskenzyklus kommt aus der Schule von Giotto.
  • Die Fresken in der Loggia zeigen Szenen aus dem Rolandslied.

Meiner Meinung nach begeistern die inzwischen wieder farbenfrohen Fresken Besucher auch, wenn man weder bibelfest noch kunsthistorisch ausgebildet ist.

Die Krypta

Durch die Erhöhung des Presbyterium (Altarraum mit dem Hauptaltar) ergibt sich ausreichend Platz für die  ebenfalls dreischiffige Krypta, die zwar ursprünglich im 10. Jahrhundert entstand, jedoch im Barock zugeschüttet wurde. Die steinernen Sitzbänke an den Wänden sind noch original.

Nicht übersehen solltet ihr auch die ausdrucksstarke hölzerne Pietà (Maria mit dem Leichnam Christi am Schoß); sie stammt vermutlich aus der Gegend von Salzburg oder dem angrenzenden Bayern.

Bei meinem 1. Besuch hörte ich Gregorianische Choräle und die Stimmung war unglaublich. Obwohl dieser Besuch noch vor der Restaurierung der Fresken war, konnte ich die Schönheit erkennen. Als ich aber die Krypta betrat und vor dem Altar mit den Reliquien der Hl. Anastasia stand, hat mich dieser energetische Ort endgültig in seinen Bann gezogen. Für mich ist das auch heute noch ein Pflichtbesuch, wenn ich in der Nähe bin.

Wegen der guten Akustik werden auch heute noch Konzerte veranstaltet. Messen finden natürlich regelmäßig statt und man kann sich – wie daheim – auch eine Messe zu Ehren von Verstorbenen buchen.

Noch ein kleiner Besuch in der Nachbarschaft

Geht man von der Abtei in Richtung Osten erreicht man nach wenigen Minuten den „Giardino Roseto Burovich“, auch „Brolo del Conte“ genannt, einen kürzlich restaurierten italienischen Garten voller Rosen. Nehmt euch unbedingt auch dafür noch Zeit, denn allein der Geruch mancher Sorten wird euch dafür entschädigen.

Der Burovich-Garten mit seiner Geometrie der Wege, den romantischen Rosenbögen und den über 40 Rosen Sorten war für mich noch einmal ein Highlight in diesem kleinen Dorf. Die Abtei und der Giardino all´Italiana, das sind für mich Orte zum Entspannen und oft verliere ich mich dabei in meinem Gedankenkarussell…

Tipps zum Abschluss

Falls ihr im Anschluss an diesen Besuch noch eine weitere Besichtigung machen wollt oder gleich einen Kurzurlaub in der näheren Umgebung, dann fahrt entweder direkt weiter nach San Vito al Tagliamento (nur ca. 10 km) oder schaut doch mal die 4×4 Ausflüge rund um Pordenone durch. Da gibt es einiges mehr, was für euch passen könnte…

Wenn ihr vor eurer Abfahrt aber womöglich köstlich speisen wollt, dann braucht ihr das Auto gar nicht zu bewegen. In unmittelbarer Nähe des Turmtores findet ihr ein gastronomisches Highlight und solltet ihr den kulinarischen Genuss zu sehr mit Vino verbunden haben: Nächtigen kann man ebendort 🙂

Ristorante Abate Ermanno – Sesto al Reghena

Zu guter Letzt will ich darauf hinweisen, dass in Italien Kirchen, auch wenn sie historisch bedeutend sind, oft für einige Stunden zur Mittagsruhe geschlossen sind! Erkundigt euch vorab, wie die aktuellen Zeiten sind!

Sesto al Reghena ist nicht ohne Grund eines der 13 schönsten Dörfer in Friaul (Mitglied der Vereinigung „I borghi più belli d’Italia“).

Eingabe fürs Navi: Abbazia, Piazza Castello 3, 33079 Sesto Al Reghena

Tanti Saluti

Elena


Offenlegung:

Wie bereits erwähnt war Sesto al Reghena 1x kurz Teil einer Pressereise und unzählige Male das Ziel von sehr persönlichen Besuchen. Daher überwiegt in diesem Artikel für mich eindeutig der private Charakter.


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